Die Koalition hat sich auf eine gemeinsame Position zum geplanten Verbrenner-Aus ab 2035 geeinigt, die der Autoindustrie mehr Spielraum ermöglichen soll. Dies könnte die Zulassung von hocheffizienten Verbrennern und Plug-in-Hybriden nach 2035 erlauben. VDA-Präsidentin Hildegard Müller und Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, geben ihre Einschätzung zu den Beschlüssen ab.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller zu den Koalitionsausschuss-Ergebnissen:
„Die deutschen Automobilhersteller und ihre Zulieferer haben hohe Milliardenbeträge in den Hochlauf der E-Mobilität investiert. Sie ist der Hauptpfad auf dem Weg in die Klimaneutralität. In diesem Jahr werden bereits mehr als 40 Prozent der hierzulande produzierten Pkw elektrisch sein. Die Nachfrage bleibt bislang aber hinter den Erwartungen und politischen Zielen zurück, schlichtweg weil die Rahmenbedingungen nicht Schritt halten.
Die Berücksichtigung von Plug-in-Hybriden, Autos mit Range-Extendern und hocheffizienten Verbrennern in der Flottenregulierung über 2035 hinaus ist vor diesem Hintergrund ein richtiger und notwendiger Schritt und integraler Bestandteil für einen erfolgreichen Hochlauf auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität, der zugleich Beschäftigung sichert und Akzeptanz bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern schafft. Ein innovationsfreundlicher und technologieoffener Ansatz hilft, Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in Einklang zu bringen. Dazu gehört auch eine stärkere Rolle erneuerbarer Kraftstoffe.
Darüber hinaus gilt: Für die exportorientierte und international aufgestellte deutsche Automobilindustrie ist Protektionismus der falsche Weg. Solche Maßnahmen lösen nicht das Problem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit am heimischen Industriestandort. Stattdessen muss Europa schnell seine Hausaufgaben machen und für international konkurrenzfähige Standortbedingungen sorgen. Dazu zählen auch eine Stärkung der Resilienz in der Rohstofflieferkette, ein tragfähiges europäisches Batterieökosystem und der Abschluss weiterer Handelsabkommen. Alles, was Wachstum schafft, muss jetzt angegangen werden.
Flankierend müssen jetzt dringend die Rahmenbedingungen für die klimaneutrale Mobilität geschaffen werden – hier sind enorme Nachbesserungen notwendig. Dazu zählen ein europaweit ambitionierterer Ausbau der Lade- und Wasserstofftankinfrastruktur, günstigere Ladepreise und wirksame Anreize für erneuerbare Kraftstoffe.
Wichtig ist: Beim Thema Nutzfahrzeuge besteht weiter höchster Handlungsbedarf. Hier muss die Koalition nachlegen. Auch und insbesondere für Lkw und Busse müssen Schritte folgen, damit der Hochlauf gelingt. Hier steht zum Beispiel der Ausbau der Lade- und Wasserstofftankinfrastruktur noch am Anfang und stellt das zentrale Kaufhindernis dar. Vor diesem Hintergrund sind die CO2-Ziele nicht zu erfüllen. Die Revision der CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge muss deshalb vorgezogen werden.“
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, zu den Koalitionsausschuss-Ergebnissen:
„Wir begrüßen, dass die Bundesregierung mit dem Social-Leasing-Programm neuen Schwung in den Elektromobilitätsmarkt bringt. Zudem haben wir Verständnis dafür, dass sie die Diskussion um das Verbrennerverbot 2035 beenden, und eine übermäßige Belastung der europäischen Automobilindustrie vermeiden will. Allerdings bedeuten diese Beschlüsse auch, dass die Ambition bei der Elektromobilität sinkt. Für die Unternehmen, die im Vertrauen auf die Rahmenbedingungen massiv in die Elektromobilität in Deutschland investiert haben, bedeutet diese Kursänderung einen Einschnitt in ihr Geschäftsmodell. Dies trifft Hersteller, Zulieferer sowie die Energie- und Ladeinfrastrukturbranche gleichermaßen. Hier muss die Politik gegensteuern. Die Ladebranche hat geliefert: Wir übertreffen die europäischen Ziele werden damit um das 2,5-fache. Die Belegung der Ladesäulen liegt deutschlandweit im Schnitt bei nur rund 15 Prozent.
Wenn die Politik die Elektromobilität voranbringen will, muss sie die geplanten Anpassungen durch eine bessere steuerliche Unterstützung weiter flankieren. In den vergangenen Monaten hat die Bundesregierung Maßnahmen verabschiedet, die in die richtige Richtung gehen. Sie fallen aber vom Hebel her nur wenig ins Gewicht – Kfz-Steuer – oder adressieren nur eine eingeschränkte Zielgruppe – Flottenbetreiber. Auch die im letzten Monat beschlossene und nun konkretisierte Absatzförderung für Elektrofahrzeuge ist in ihrer Grundintention und sozialen Ausgestaltung richtig.
Doch die Ausweitung des neuen Förderprogramms für E-Mobilität auf Plug-in Hybride relativiert den Hochlauf von E-Pkw, die Belegung von Ladesäulen, und am Ende den weiteren vorauslaufenden Ausbau der Ladesäulen. Für einen wirtschaftlichen Betrieb ist dies nicht ausreichend. Es ist dringend an der Zeit für eine ganzheitliche Elektromobilitätsstrategie.“








