Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Juli 2020

Der konjunkturelle Tiefpunkt ist durchschritten. Nach einem beispiellosen Einbruch im April geht es im Mai wieder aufwärts, das meldet das BMWi. Die im letzten Monat veröffentlichten Konjunkturindikatoren senden zwei Signale: die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem spürbaren Aufholprozess, die Kapazitäten sind aber noch stark unterausgelastet. Die Lockerungen von Infektionsschutzmaßnahmen im In- und Ausland lassen Nachfrage und Angebot wieder steigen. Die Industrie meldete für den Mai einen Produktionszuwachs von +10,3 Prozent gegenüber April. Im Bereich Kfz und Kfz-Teile erholte sich der Produktionsindex besonders stark. Laut VDA werden im Juni weitere Steigerungen verzeichnet; sowohl die Neuzulassungen (+18 Prozent) als auch die Produktion (+84 Prozent) legten gegenüber Mai zu. Der Blick nach vorn deutet auf eine weitere Verbesserung hin; der ifo- und PMI-Index sowie die Auftragseingänge sind aufwärtsgerichtet. Auch in Teilen des Dienstleistungssektors hat die Erholung eingesetzt. Dies zeigt zum Beispiel die Entwicklung im Einzelhandel (ohne Kfz), für den inzwischen die Umsatzzahlen für Mai vorliegen: Mit einem Plus von +13,9 Prozent fiel die Gegenbewegung zum April deutlich aus. In der zweiten Jahreshälfte entstehen weitere Anreize zum Konsum durch die befristete Senkung der Steuern vom Umsatz. Für das mittlerweile abgelaufene zweite Quartal dürfte das Statistische Bundesamt am 30. Juli allerdings trotz gesamtwirtschaftlicher Erholung eine deutlich negative Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts melden. Dies geht insbesondere auf den historisch einmaligen Einbruch im April zurück. Erst ab dem dritten Quartal werden für das Bruttoinlandsprodukt wieder positive Raten zu verzeichnen sein. Der Aufholprozess der deutschen Wirtschaft ist zwar dynamisch, steht aber erst am Anfang. Die Unterauslastung der Produktionskapazitäten ist noch hoch. Die Industrieproduktion befand sich im Mai erst bei etwa 75 Prozent des Niveaus vor Corona; in der Kfz-Branche waren es nur knapp 50 Prozent (laut VDA im Juni ca. 74 Prozent). Mit entscheidend für den weiteren Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird auch sein, wie schnell sich die Auslandsnachfrage nach deutschen Gütern erhöht. Im Mai wurden die Warenexporte mit +11,6 Prozent (nominal) zwar kräftig gesteigert. Die Ausfuhren zu wichtigen Handelspartnern, die besonders schwer von der Corona-Pandemie betroffen sind (z. B. Vereinigte Staaten und das Vereinigte Königreich), entwickeln sich aber schwächer als zu anderen Staaten (z. B. China). Auch bei den Auftragseingängen aus dem Ausland gibt es Unterschiede. Während die Aufträge aus der Eurozone für eine Verbesserung sprechen, unterstreichen die sich nur schleppend erholenden Bestellungen aus dem Nicht-Euroraum das Risiko der weltwirtschaftlichen Lage für die deutsche Konjunktur.

Weltwirtschaft: Indikatoren skizzieren heftige Rezession

Für die Weltkonjunktur zeichnet sich im zweiten Quartal ein stärkerer Einbruch als im ersten Quartal ab. Die globale Industrieproduktion ging im April massiv zurück. Viele Länder in Europa und dem Rest der Welt verschärften aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus ihre Infektionsschutzmaßnahmen. Es kam im April 2020 zu einer Drosselung der weltweiten Industrieproduktion von um 12,1 Prozent im Vergleich zum April 2019. Noch stärker fällt der Rückgang im globalen Warenhandel aus. Im April betrug der Absturz 16,2 Prozent im Vorjahresvergleich. Für den weiteren Jahresverlauf senden die Stimmungsindikatoren jedoch positive Signale. Der globale Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie übertraf im Mai bereits wieder sein Niveau vom Februar, bleibt mit 47,7 Punkten aber noch unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Selbst bei einer raschen Erholung dürfte die Corona-Rezession der Weltwirtschaft das Ausmaß der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise 2008/09 deutlich übersteigen.

Auch nationale Frühindikatoren zur Außenwirtschaft verbesserten sich weiter. Die ifo Exporterwartungen für das Verarbeitende Gewerbe haben sich im Juni per Saldo deutlich aufgehellt. Mittlerweile gehen knapp 20 Prozent der Unternehmen (Mai: rund 14 Prozent) von einer Verbesserung in den nächsten drei Monaten aus. Die Auftragseingänge aus dem Ausland erholten sich im Mai ebenfalls, allerdings vor allem aus der Eurozone, weniger aus Drittstaaten. Die Aussichten für den deutschen Außenhandel verbessern sich damit. Im Zuge der Erholung von Produktion und Nachfrage sollten sowohl Exporte als auch Importe im Laufe der zweiten Jahreshälfte deutlich steigen.

Quelle: BMWi

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