Meinungen sind gespalten: Ampel-Regierung einigt sich auf Strompreispaket für Industrie

Monatelang gab es in der Ampel-Koalition Streit um den Industriestrompreis. Nun soll sich die Regierung auf ein Strompreispaket für die Industrie geeinigt haben. Demnach soll die Stromsteuer auf das Minimum gedrückt werden, die energieintensive Industrie würde eine spezielle Kompensation bekommen. Die Stromsteuer soll demnach von derzeit rund zwei Prozent auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Prozent gesenkt werden. Davon profitieren nicht nur große Industriekonzerne, sondern auch der Mittelstand. Die Meinungen dazu sind gespalten:

Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE), Dr. Simone Peter:

„Es ist richtig, dass die Bundesregierung die Industrie in der gegenwärtigen Situation entlastet. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Prozent ist zu begrüßen. Das kann dringend benötigte Impulse zur Elektrifizierung und Dekarbonisierung setzen. Der BEE fordert dies bereits seit Jahren als Entlastungshebel, zuletzt in seiner umfangreichen Studie zur Reform des Strommarktdesigns. 

Neben dem produzierenden Gewerbe sollte die Senkung auf alle weiteren Verbraucher und Gewerbe ausgeweitet werden, um grüne Technologien – von Wärmepumpen bis Speicher – stärker wirtschaftlich anzureizen. Diese Technologien spielen für die Dekarbonisierung der Sektoren eine wichtige Rolle.

Die Fortsetzung der bestehenden Strompreiskompensation, mit der die Kosten für den Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeglichen werden, ist abzulehnen. Fossiler Strombezug wird damit weiterhin subventioniert. Unternehmen, die sich bisher nicht für den Umstieg auf Erneuerbare Energien engagiert haben, werden zusätzlich entlastet. Unternehmen, die den Umstieg auf Erneuerbare bereits vollzogen haben oder derzeit vollziehen, gehen leer aus. Das sendet ein völlig falsches Zeichen.“

Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung:

„Es ist die richtige Entscheidung zur Konjunkturunterstützung und für Klimaschutz durch Elektrifizierung: Mit der Ankündigung, die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf EU-Mindestmaß zu senken, setzt die Bundesregierung dringend nötige Impulse für diese beiden wichtigen Ziele. So wird zum einen Energie für die Breite der Industrie endlich wieder etwas günstiger. Die Nutzung von zunehmend erneuerbar erzeugtem Strom in den Unternehmen gewinnt dadurch zum anderen an Attraktivität gegenüber fossilen Brennstoffen und der Wandel zu einer elektrifizierten und dadurch CO2-armen und effizienten Energieversorgung erhält einen längst überfälligen Schub. Die generelle Absenkung der Stromsteuer für die gesamte Industrie reduziert zudem den bürokratischen Aufwand für produzierende KMU, große Industriebetriebe und die Finanzbehörden. Die Maßnahme stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. 

Mit der Absenkung der Stromsteuer wird die völlig aus der Zeit gefallene und für den Klimaschutz widersinnige generelle Belastung von Strom gemindert. Sie wurde vor 25 Jahren eingeführt, als es noch kaum erneuerbare Energien und keinen CO2-Preis gab. Seit der differenzierten Belastung von Kohle- und Gasstrom durch den CO2-Emissionshandel ist die Stromsteuer ein Relikt aus früheren Zeiten.“

Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH):

“Das Strompreispaket der Bundesregierung geht in die richtige Richtung. Das Maßnahmenpaket greift wichtige Forderungen des Handwerks zur Entlastung bei den Stromkosten auf, etwa die Senkung der Stromsteuer und die Stabilisierung der Netzentgelte. Allerdings fallen wichtige energieintensive Branchen aus dem Handwerk abermals durch das Raster, da sie formal nicht zum produzierenden Gewerbe gehören – etwa Textilreinigungen oder Betriebe des Kfz-Handwerks. Eine Entlastung ist aber für alle energieintensiven Betriebe dringend notwendig, um eine drohende Existenzgefährdung abzuwenden. Hier sollte die Bundesregierung das Entlastungspaket noch einmal nachschärfen, um das energieintensive Handwerk nachhaltig zu stärken und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.”

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung

„Es ist gut, dass sich die Bundesregierung auf konkrete Entlastungen für die Industrie geeinigt hat. Die sehr deutliche Senkung der Stromsteuer ist ein konsequenter Schritt, ebenso die Verlängerung und Ausweitung der Strompreiskompensation und des so genannten Super-Cap für Unternehmen mit besonders hohem Energiebedarf. Das stützt energieintensive Unternehmen und ist ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Es ist zudem eine sehr gute Nachricht, dass die Bundesregierung keine Eingriffe in die Energiepreisbildung vornimmt. Ein regulierter Industriestrompreis hätte die freie Preisbildung auf dem Markt beeinträchtigt und negative Auswirkungen auf den Stromgroßhandelsmarkt nach sich gezogen. Wir brauchen Preissignale aus dem Markt heraus für Investitionen in Energieeffizienz, in die Erneuerbaren, aber auch für die Transformationsprozesse in der Industrie. Ein Wermutstropfen bleibt: Es wäre konsequenter gewesen, die Stromsteuer-Senkung nicht allein auf das produzierende Gewerbe zu beschränken. So würden auch umweltfreundliche Technologien wie beispielsweise die Elektromobilität wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin oder Diesel.“

Weitere Statements folgen in Kürze.

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