“Je länger es dauert, umso größer ist natürlich der Schaden”

ElektroWirtschaft: Wie lange kann die Mehrheit Ihrer Mitgliedsunternehmen einen strikten Shutdown des öffentlichen Lebens durchhalten?

Dr. Hans Henning: Es ist schwierig, hier spekulativ für den gesamten Elektrogroßhandel zu sprechen. Wir gehen davon aus, dass unsere systemrelevanten Geschäfte weiterlaufen werden und dass es bei uns keine Betriebsschließungen wie im Einzelhandel geben wird.

Klaus Jung: Das hoffen wir für die Elektroindustrie ebenfalls. Unsere Unternehmen haben sich binnen kürzester Zeit darauf eingestellt mit dem Ziel, den Wirtschaftsbetrieb bestmöglich weiterlaufen zu lassen, trotz zum Teil größter Umstellungen in den Betrieben, um den Belegschaften den höchsten Gesundheitsschutz bieten zu können. Zusammen mit den Maßnahmen der Bundesregierung dürfen wir für Deutschland hoffen, dass wir unsere Wirtschaft im Mai wieder hochfahren können.

Ingolf Jakobi: Je länger es dauert, umso größer ist natürlich der Schaden. Man muss auch kein großer Prophet sein, um beim Hochfahren mit einer dramatisch steigenden Nachfrage zu rechnen. Deshalb muss das in Stufen passieren. Also ist es ganz wichtig, dass wir als E-Branche gemeinsam mit der Politik parallel zur optimalen Sicherheit für Mitarbeiter und Kunden ein ernsthaftes Szenario für ein gestuftes Hochfahren entwickeln. Damit wir dann auch Hundert oder mehr Prozent leisten können. Für den exorbitanten Nachholbedarf brauchen wir Vorbereitung.

ElektroWirtschaft: Wie kann das vertrauensvolle Miteinander im dreistufigen Vertriebsweg helfen, die Krise gemeinsam durchzustehen?

Ingolf Jakobi: Wir stellen uns den Herausforderungen im Schulterschluss mit der gesamten E-Branche, die schon oft bewiesen hat, wie wichtig gelebte Partnerschaft ist.Auch ein Hochlauf geht nur in enger Abstimmung. Für uns als Elektrohandwerk ist es wichtig, dass Lieferketten weiter so gut funktionieren wie gewohnt und wir sind natürlich froh, wenn sich unsere Partner fair und preissensibel verhalten – wenn also eine größere Nachfrage nicht zu stark steigenden Preisen führt. Das wäre der Beleg dafür, dass das Vertrauen ineinander berechtigt ist. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch aus dieser Krise gestärkt hervorgehen. Und wir werden Verbesserungspotentiale finden, von denen wir in der Nach-Corona-Zeit profitieren.

Klaus Jung: Auch ich sehe die Chancen, die diese Krise bietet. Ein Beispiel ist schon unsere heutige Videokonferenz. Wir leben jetzt viel mehr die Digitalisierung – wobei auch die Schwächen im Netzausbau sichtbar werden. Das Thema Homeoffice wird anders wahrgenommen. Wir machen positive Erfahrungen mit neuen Arbeitsformen und mit dem Verzicht auf Reisen, der ein Stück weit auch zum Klimaschutz beiträgt. Wir sehen in den Unternehmen Potenzial für Produktivitätssteigerungen und die Notwendigkeit, in Strukturen wie Software und Prozesse zu investieren. Ich denke, dass wir im Dreierverbund gut unterwegs sind, um eine Markthochlaufphase zu organisieren. Mit Blick auf das Gesamtjahr werden wir unterm Strich dennoch einen erheblichen Abschwung sehen. Anstatt der anvisierten Steigerung von 3 bis 3,5 Prozent rechnen wir durch die Coronakrise aktuell mit einem Marktabschwung von bis zu minus fünf Prozent.

Dr. Hans Henning: Wir werden jetzt zeigen, dass wir als verlässliche Partner sowohl dem Handwerk als auch der Industrie eine Dienstleistung bieten, die auch in der Krise Bestand hat. Ich glaube, dass unsere Stärke, als Elektrogroßhandel direkt vor Ort zu sein, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und eine hohe Warenverfügbarkeit zu sichern, jetzt dringend notwendig ist und in Zukunft noch mehr wertgeschätzt wird.

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