E-Handwerk kämpft mit Lieferengpässen

Lieferengpässe bei wichtigen Bauteilen und Produkten sorgen dafür, dass elektrohandwerkliche Betriebe Aufträge verschieben oder sogar absagen müssen. Dies wie auch die zum Teil dramatischen Preissteigerungen wirken sich negativ auf die Geschäftssituation der Innungsbetriebe aus. Das ergab die Herbst-Konjunktur-Umfrage des ZVEH.

Obwohl die Corona-Pandemie noch nicht ganz überwunden ist, haben die E-Handwerke bereits fast wieder den sehr hohen Geschäftsklimaindex der Vor-Corona-Zeit erreicht – das ist das erfreuliche Ergebnis der vom 6. bis 10. September vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) unter Mitgliedsbetrieben* durchgeführten Herbst-Konjunktur-Umfrage. Da die Branche seit dem Frühjahr 2021 mit Lieferengpässen und zum Teil dramatischen Preissteigerungen zu kämpfen hat, wurden die Innungsbetriebe in der Umfrage auch danach gefragt, inwieweit sie von diesen Problemen betroffen sind.

Materialverknappung und Preisanstieg

Seit dem Frühjahr sorgen Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Produkten und Bauteilen dafür, dass elektrohandwerkliche Unternehmen Aufträge verschieben oder sogar absagen müssen. Mit der Materialverknappung – Engpässe gibt es unter anderem im Bereich Mikrochips, Kunststoffprodukte und dort, wo Kupfer, Aluminium und Holz verbaut sind – gehen zum Teil dramatische Preissteigerungen bei Produkten der Elektroindustrie einher. Kostete beispielsweise ein Mikrochip, wie er in Bewegungsmeldern und anderen smarten Produkten verbaut ist, Mitte 2020 noch 1 US-Dollar, so liegt der Preis im Einkauf nun bei 50 US-Dollar. Problematisch für einen großen Teil der Betriebe: Die Preissteigerungen können nicht oder nur zu einem geringen Teil an Kunden weitergegeben werden.

Außergewöhnliche Lieferverzögerungen

Auf die Frage, ob sie bei bestimmten Produkten außergewöhnliche Lieferverzögerungen registriert hätten, antworten denn auch 94,9 Prozent der befragten Betriebe mit „ja“. 90,8 Prozent gaben zudem an, mit außergewöhnlich hohen Preissteigerungen konfrontiert zu sein und 74,2 Prozent kommen, ihren Angaben zufolge, auf absehbare Zeit gar nicht an bestimmte Produkte heran. Insgesamt, so das Ergebnis der Umfrage, haben Lieferverzögerungen und -ausfälle Auswirkungen auf rund ein Drittel der Aufträge (33 Prozent).

Zu den Produkten mit erheblichen Lieferproblemen zählen vor allem Elektrogeräte, aber auch Kabel und Leitungen sowie Produkte im Bereich „Erneuerbare Energien/Energiemanagement“. 21,9 Prozent aller Betriebe klagen derzeit darüber, bestimmte Elektrogeräte gar nicht beschaffen zu können, im Bereich Kabel/Leitungen sind es 16,9 Prozent und bei Erneuerbaren Energien/Energiemanagement-Lösungen 15,4 Prozent.

Lange Wartezeiten bei Elektrogeräten

Auch bei den Produkten, die nur mit außergewöhnlich langer Lieferzeit beschafft werden können, belegen Elektrogeräte – mit durchschnittlich rund 8,4 Wochen – den Spitzenplatz, gefolgt von Produkten aus dem Bereich „Erneuerbare Energien/Energiemanagement“ (7,9 Wochen). Bei Produkten für die Gebäudeautomation sowie für Licht/Beleuchtung beläuft sich die Verzögerung nach Angaben der von Lieferengpässen betroffenen Betriebe hingegen „nur“ auf 4,2 Wochen.

Was die Frage nach einem, durch die Lieferverzögerungen verursachten wirtschaftlichen Schaden angeht, etwa, weil Fristen für die Leistungserbringung nicht eingehalten, Aufträge nicht angenommen und/oder Mitarbeiter zumindest temporär nicht beschäftigt werden konnten, vermittelt die Umfrage ein gemischtes Bild. So gaben insgesamt 11,3 Prozent der befragten Betriebe an, infolge der Lieferverzögerungen einen erheblichen Schaden erlitten zu haben. 40,3 Prozent der Betriebe fühlen sich zumindest teilweise betroffen. Dass der Anteil trotz der sich weiter verschärfenden Situation nicht höher ausfällt, ist vermutlich den teilweise sehr großen Auftragspolstern zu verdanken. Sie ermöglichen es vielen Elektro-Betrieben, Lieferschwierigkeiten durch eine flexible Handhabung der Aufträge zu kompensieren. Das heißt: Dort, wo es möglich ist, wurden andere Aufträge vorgezogen und abgearbeitet.

Hoher Preisanstieg bei Kabeln und Leitungen

Von Preissteigerungen ist der Umfrage zufolge fast die Hälfte aller Aufträge (40,7 Prozent) betroffen. Die höchsten Preissteigerungen werden dabei bei Kabeln und Leitungen verzeichnet. Nach Angabe der von Preissteigerungen betroffenen Betriebe liegen diese bei 30,6 Prozent. Bei Produkten im Bereich „Erneuerbare Energien/Energiemanagement“ belaufen sich die Preissteigerungen auf 13,5 Prozent, im Bereich „Gebäudeautomation“ liegen sie bei 13,4 Prozent und im Bereich „Sicherheitstechnik“ bei 13,3 Prozent. Elektrogeräte verteuerten sich dagegen trotz der eher schlechten Verfügbarkeit „nur“ um 9,9 Prozent.

Betriebe bleiben auf Mehrkosten sitzen

Problematisch sind die Preissteigerungen vor allem deshalb, weil die elektrohandwerklichen Betriebe diese nicht oder nur zum Teil an ihre Kunden weitergeben können. So zeigt die ZVEH-Umfrage: Die Mehrkosten können den Kunden im Durchschnitt nur zur Hälfte (46,8 Prozent) weiterbelastet werden. Lediglich 17,6 Prozent der Betriebe geben an, die Mehrkosten eins zu eins an die Kunden weitergeben zu können. Andererseits können 9,3 Prozent der von Preissteigerungen betroffenen Betriebe überhaupt keine Mehrkosten bei ihren Kunden geltend machen. Hier gehen die höheren Materialpreise komplett zu Lasten der Betriebe.

Unterschiede bei den Auftraggebern

Eine Weiterbelastung ist insbesondere dort schwierig bis unmöglich, wo es sich um öffentliche Auftraggeber oder Kunden aus der Wohnungswirtschaft handelt. Während immerhin 21,9 Prozent der Unternehmen, die überwiegend im Privatkundengeschäft tätig sind, die Mehrkosten vollständig an ihre Kunden weiterreichen, sind es bei Betrieben mit primär öffentlichen Auftraggebern lediglich 12,5 Prozent, bei hauptsächlich für die Wohnungsgesellschaften tätigen Betrieben sogar nur 8,8 Prozent.

Betriebe, die in erster Linie für Privatkunden tätig sind, können durchschnittlich 52,3 Prozent ihrer Preissteigerungen weitergeben. Bei Unternehmen mit überwiegend gewerblichen Kunden sind es immer noch 48,3 Prozent. Ist hauptsächlich die Öffentliche Hand Auftraggeber, sind es hingegen nur 38,7 Prozent. Betriebe, die überwiegend für die Wohnungswirtschaft tätig sind, können durchschnittlich nur 34,1 Prozent der Preissteigerungen weitergeben.

* An der Herbst-Befragung 2021 nahmen rund 1.200 Unternehmen teil.

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