Folgen des Ukraine-Kriegs: Angst vor digitaler Eskalation

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird von Cyberangriffen begleitet. Die Auswirkungen sind auch in Deutschland zu spüren und die Menschen im Land sorgen sich vor einer Eskalation im digitalen Raum. Drei Viertel (75 Prozent) der Deutschen haben aktuell Angst vor einem Cyberkrieg gegen die Bundesrepublik, 20 Prozent befürchten, dass eine digitale Eskalation in einen konventionellen militärischen Konflikt münden könnte. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 1.000 Personen ab 16 Jahren im März dieses Jahres telefonisch befragt wurden. „Die weit verbreiteten Sorgen vor einem Cyberkrieg gegen Deutschland müssen wir ernst nehmen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Von den kritischen Infrastrukturen bis zu den PCs und Smartphones in den Haushalten müssen wir Deutschland widerstandsfähiger gegenüber Angriffen von außen machen.“

Nur eine Minderheit ist der Meinung, dass die Bundeswehr ausreichend ausgestattet ist, um Deutschland im Cyberraum zu verteidigen. 87 Prozent sehen die Truppe dazu nicht in der Lage, nur 10 Prozent glauben an die Verteidigungsfähigkeit des deutschen Militärs im Cyberraum. Das kürzlich von der Bundesregierung vorgestellte Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der Bundeswehr erachten entsprechend viele Menschen als zu niedrig; für 48 Prozent sind die Mittel nicht ausreichend. 38 Prozent halten die Höhe für genau richtig, weniger als ein Zehntel (9 Prozent) findet die Ausgaben zu hoch, wobei 4 Prozent der Bundeswehr grundsätzlich keine zusätzlichen Gelder zur Verfügung stellen wollen.

Um sich künftig vor Cyberangriffen oder -kriegen zu schützen, setzt ein Großteil der Bevölkerung auf gezielte Vorbereitungen und entsprechend höhere Investitionen. 76 Prozent fordern, der Staat solle zusätzliche Wirtschaftssanktionen für den Angriffsfall in der Hinterhand haben. Rund sieben von zehn Befragten (72 Prozent) fordern Investitionen in die Sicherheit kritischer Infrastruktur, also etwa in den Schutz von Krankenhäusern oder Strom- und Wassernetzbetreibern. 67 Prozent wollen Investitionen in Cyberabwehr-Einheiten der Bundeswehr forcieren, 65 Prozent wünschen sich den Aufbau eines digitalen Katastrophenschutzes und knapp sechs von zehn Personen (57 Prozent) sind der Meinung, es brauche Notfallschulungen der Bevölkerung zu digitalen Abwehrmaßnahmen. Lediglich 3 Prozent finden, Deutschland solle sich nicht auf Cyberangriffe oder einen Cyberkrieg vorbereiten.

Der angespannten Sicherheitslage entsprechend haben viele Menschen Angst, selbst Opfer von Cyberattacken zu werden: 59 Prozent sind besorgt, indirekt durch Angriffe auf kritische Infrastrukturen betroffen zu sein. 25 Prozent fürchten direkte Attacken auf ihre persönlichen Geräte. 40 Prozent machen sich vor Cyberangriffen indes keine Sorgen. Dazu Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder: „Seitdem Russland seinen Angriffskrieg in der Ukraine begonnen hat, spielt der Cyberraum nur eine nachgelagerte Rolle. Mit zunehmender Kriegsdauer könnte sich das aber ändern – mit unmittelbaren Konsequenzen für Deutschland und seine Wirtschaft.“ Auch wenn das Internet in diesen Tagen „wie ein neuer Wilder Westen“ erscheine, in dem sich Staaten, Hackergruppen und selbsternannte Cyber-Armeen tummeln, ändere der Ukrainekrieg wenig an den schon länger beobachteten Bedrohungen, so Rohleder. „Seien es Ransomware-Gruppen oder staatliche Spionage-Aktivitäten: Die Angriffsarten und Einfallstore sind bekannt. Der Faktor Mensch wird dabei weiterhin eine entscheidende Rolle spielen.“

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