Nur jeder Achte kennt persönlichen CO2-Fußabdruck

Neben Wohnen, Mobilität und Ernährung rückt der digitale Konsum in den Fokus. Digitalisierung kann die Umwelt entlasten, doch Energieverbrauch und Elektroschrott steigen rasant. TÜV-Verband gibt Tipps, wie Verbraucher ihren digitalen CO2-Fußabdruck verringern können.

Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz in Brasilien richtet sich der Blick auf wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Während Politik und Wirtschaft an klimaneutralen Energien und Kreislaufwirtschaft arbeiten, beginnt Klimaschutz für viele Menschen im Alltag. Der persönliche CO2-Fußabdruck zeigt, wie viele Treibhausgase ein Mensch durch seinen Lebensstil verursacht, typischerweise in den Bereichen Wohnen, Mobilität, Ernährung und Konsum. Doch nur jeder achte Bundesbürger (12 Prozent) kennt seinen persönlichen CO2-Fußabdruck. Das zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands, für die 1.009 Personen ab 16 Jahren befragt wurden. Vor allem die Jüngeren beschäftigen sich mit dem Thema. Fast einem Viertel (24 Prozent) der 16- bis 29-Jährigen ist ihr individueller CO2-Fußabdruck bekannt, in der Generation 60 Plus sind es dagegen nur 8 Prozent. Mit dem wachsenden Einsatz digitaler Dienste und Endgeräte rückt ein neuer Bereich in den Fokus: der digitale CO2-Fußabdruck.

Streaming, Cloud, KI: Unsichtbare Emissionen im Netz

Während der klassische Fußabdruck Bereiche wie Heizen, Autofahren oder Ernährung berücksichtigt, bleibt der digitale Anteil meist unsichtbar, seine Klimawirkung ist aber real. Der weltweite IT- und Kommunikationssektor verursacht inzwischen rund vier Prozent der globalen CO2-Emissionen – mehr als der internationale Flugverkehr. Studien der International Energy Agency (IEA) oder der Carbon Trust belegen: Eine Stunde Videostreaming in HD erzeugt im Schnitt 55 Gramm CO2, in etwa so viel, wie für eine Tasse Kaffee anfällt. Auch die Herstellung neuer Geräte ist energieintensiv. Für die Herstellung eines Smartphones fallen rund 60 Kilogramm CO2 an, bei einem Laptop sind es bis zu 300 Kilogramm. Das entspricht etwa dem CO2-Ausstoß einer Autofahrt von Berlin nach Rom.

So lässt sich der digitale CO2-Fußabdruck berechnen

Der eigene digitale Fußabdruck lässt sich nur näherungsweise erfassen, da der Energieverbrauch je nach Anbieter, Netzqualität und Strommix stark variiert. Dennoch bieten Online-Tools wie der CO2-Rechner des Umweltbundesamts oder spezialisierte Apps wie „Klima“, „Giki“ oder „Capture“ eine erste Orientierung. Sie schätzen Emissionen aus Streaming, Cloud-Nutzung, E-Mail-Verkehr und Geräteverbrauch und machen so sichtbar, welche digitalen Routinen besonders klimarelevant sind. Laut der Umfrage des TÜV-Verbands kennen bisher erst 4 Prozent der Befragten ihren digitalen Fußabdruck. Juliane Petrich, Referentin für Politik und Nachhaltigkeit beim TÜV-Verband sagt: „Ein Bewusstsein für den eigenen digitalen Energieverbrauch ist der erste Schritt. Wer weiß, wo Emissionen entstehen, kann gezielt ansetzen, zum Beispiel durch energieeffiziente Geräte, nachhaltige Stromquellen oder einen bewussteren Umgang mit Daten.“

Nachhaltigkeit gewünscht, aber selten kaufentscheidend

Nachhaltige Geräte sind gefragt, spielen aber eher eine Nebenrolle: Nur 17 Prozent der Verbraucher nennen Nachhaltigkeit als entscheidendes Kriterium beim Kauf von Technikprodukten. Viel häufiger bestimmen Preis und Funktion die Wahl. Immerhin achten 64 Prozent zumindest häufig auf Siegel und Prüfzeichen, die Sicherheit oder Umweltverträglichkeit bestätigen. „Viele Menschen wollen nachhaltiger konsumieren, stoßen aber auf praktische Hürden“, sagt Petrich. „Fehlende Transparenz, hohe Preise und kurze Produktlebenszyklen erschweren klimafreundliche Entscheidungen. Prüfzeichen helfen, Orientierung zu schaffen und verlässliche Informationen über Energieeffizienz, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit zu geben.“ Damit nachhaltiger Konsum möglich wird, braucht es jedoch verlässliche Rahmenbedingungen.

Mit Blick auf die Weltklimakonferenz appelliert der TÜV-Verband daher an Politik und Unternehmen, Nachhaltigkeit und Digitalisierung stärker zu verzahnen. „Digitalisierung kann ein Motor für den Klimaschutz sein, wenn sie energieeffizient, ressourcenschonend und verantwortungsvoll gestaltet wird“, sagt Petrich. „Transparente Informationen und unabhängige Prüfungen sind der Schlüssel, damit Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können.“

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