„E-Mobilität wird in vielen Bereichen zum neuen Standard“

Konstantin Elstermann, Leiter Elektromobilität und Prosumer DACH bei Schneider Electric, erklärt im Interview mit der ElektroWirtschaft die Herausforderungen und Rahmenbedingungen der Elektromobilität und die eigene Unternehmensstrategie in diesem Geschäftsfeld.

ElektroWirtschaft: Immer mehr E-Autos drängen aktuell auf den Markt. In Brandenburg baut Tesla eine neue Fabrik. Kommt nun der große Durchbruch der E-Mobilität?

Konstantin Elstermann: Definitiv! Grundsätzlich zeigt sich das in meinen Augen an drei klaren Indikatoren: Zunächst an einem stark wachsenden Angebot an staatlichen Förderungen und Subventionen für E-Mobilität. Dann aber auch an neuen Gesetzen und Regularien, wie z.B. im Fall des Rechtsanspruchs für eine Ladesäule in Mehrparteienhäusern. Letztlich ist für mich aber auch die generelle technische Weiterentwicklung der E-Fahrzeuge mit mehr Reichweiten bei günstigeren Einkaufspreisen ein deutliches Signal für einen entscheidenden Schub im Bereich der E-Mobilität. Immer mehr Menschen wird heute bewusst, dass die Elektromobilität eine sehr attraktive und auch günstigere Alternative zu Verbrennern darstellt.

ElektroWirtschaft: Angenommen die Zahl der E-Autos wird sich nun deutlich erhöhen. Wie unterstützt Schneider Electric diesen Technologiesprung?

Konstantin Elstermann: Je mehr E-Autos auf den Markt kommen – und ich bin davon überzeugt davon, dass sich die Zahl rapide erhöhen wird – desto mehr Ladeinfrastruktur wird benötigt. Dabei bringt der langfristige und netzverträgliche Aufbau dieser Ladeinfrastruktur natürlich einige Herausforderungen mit sich. Schneider Electric hat deshalb ganzheitliche Elektromobilitätslösungen geschaffen, die diesen neuen, komplexen Anforderungen gerecht werden können. Vom Mittelspannungstransformator bis zur Ladesäule bieten wir Lösungen aus einer Hand und stellen sicher, dass die Ladeinfrastruktur intelligent ins Netz und ins Gebäude integrierbar ist.

ElektroWirtschaft: Wie hat sich der Geschäftsbereich Elektromobilität bei Ihnen in diesem Jahr entwickelt?

Konstantin Elstermann: Sehr positiv und über unseren Erwartungen. Selbst die aktuelle Situation rund um Covid-19 hat keine spürbaren negativen Auswirkungen auf diesen Geschäftsbereich gehabt. Vielleicht auch deshalb, da sich viele Menschen in der ruhigeren Phase im Homeoffice noch intensiver mit dem Thema „E-Mobilität wird in vielen Bereichen zum neuen Standard“ auseinandergesetzt haben. Aber auch ganz generell profitieren wir hier natürlich davon, dass Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit die politische wie gesellschaftliche Agenda mittlerweile stark prägen.

ElektroWirtschaft: Je mehr Verbrenner durch Elektroautos ersetzt werden, desto höher ist auch der Strombedarf. Kritiker der Elektromobilität führen gerne an, dass das Stromnetz gar nicht darauf ausgelegt sei. Wie beurteilen Sie das?

Konstantin Elstermann: Es ist richtig, dass durch den Ausbau der E-Mobilität auch höhere Anforderungen an die Netzstabilität gestellt werden – speziell wegen der temporär auftretenden Lastspitzen. Grundsätzlich lässt sich diese Problematik in vielen Fällen aber mit insbesondere smarten, digitalen Lösungen vermeiden. Denn im Alltag sieht es ja vor allem so aus, dass viele E-Fahrzeuge lange Standzeiten haben und insofern nicht immer schnellstmöglich geladen werden müssen. Hier kommt unser dynamisches Lastmanagement (LMS) ins Spiel. Indem es die Ladesäulen intelligent und bedarfsorientiert steuern kann, sorgt es dafür, dass es am Netzanschluss nie zu einer Überlastung kommt. Im Fall einer drohenden Netzüberlastung wird die Ladeleistung der Ladesäulen automatisch und zeitweise reduziert und später wieder hochgefahren.

ElektroWirtschaft: Wie sieht Ihre Lösung für das Lastmanagement aus?

Konstantin Elstermann: Das dynamische Lastmanagement (LMS) misst in Echtzeit die Energiebelastung am Netzanschlusspunkt und steuert intelligent die Ladesäulen. Dabei berücksichtigt es auch die anderen Lasten eines Gebäudes und kann die Ladeinfrastruktur im Bedarfsfall, z.B. wenn innerhalb des Gebäudes temporäre Lastspitzen auftreten, entsprechend abregeln. Darüber hinaus gibt es viele weitere Zusatzfunktionen, wie z.B. die Einrichtung und Regelung von Zonen. In einem Parkhaus, das sowohl über Parkplätze für Anwohner (Lastspitze typischerweise abends) als auch für Gewerbe (Lastspitze typischerweise tagsüber) verfügt, herrschen in den verschiedenen Parkbereichen beispielsweise komplett unterschiedliche Anforderungen an das Lastmanagement. Indem hier aber zonenspezifisch gesteuert werden kann, berücksichtigt das LMS diese heterogenen Anforderungen und kann den Strom noch bedarfsgerechter verteilen.

ElektroWirtschaft: Bei Schneider Electric steht weniger die einzelne Wallbox, sondern die Gesamtlösung im Vordergrund. Wie lässt sich das Elektroauto in das intelligente Gebäude integrieren?

Konstantin Elstermann: Wenn wir in diesem Zusammenhang von einer Gesamtlösung sprechen, meinen wir insbesondere das, was sozusagen „hinter der Ladesäule“ passiert. Denn hier, im Kontext der Netzverträglichkeit und des Energieverbrauchs, entscheidet sich, ob und wie die Elektromobilität sich in der breiten Gesellschaft durchsetzen kann. Und aus diesem Grund stellt unser intelligentes Lastmanagementsystem einen echten Meilenstein dar – vor allem deshalb, da wir bei Schneider Electric heute schon die gesamte Bandbreite der dafür notwendigen Technologie aus einer Hand liefern können. Ein Beispiel: Unsere vollintegrierte Lösung für Parkhäuser und Tiefgaragen löst nicht nur das Problem der an diesen Orten häufig begrenzten Netzanschlussleistung, sondern ermöglicht gleichzeitig auch ein hohes Maß an Flexibilität für die kostengünstige Nachrüstung weiterer Ladesäulen. Technisch nutzen wir dafür, zusätzlich zu unseren Ladesäulen und dem LMS, eine äußerst praktische Stromschienenlösung für Tiefgaragen. Indem eine Stromschiene zum Beispiel an einer Wand längs der Tiefgarage montiert wird, sind diese Parkplätze unmittelbar „E-Mobility-Ready“. Sollte ein Anwohner später eine Ladesäule an diesem Stellplatz benötigen, kann diese in kurzer Zeit an die Stromschiene angesetzt werden und schon ist der Parkplatz elektrifiziert. Alles, was es dafür braucht, können wir bieten.

ElektroWirtschaft: Welche Neuheiten stehen in diesem Jahr für den Bereich Elektromobilität im Fokus?

Konstantin Elstermann: In diesem Jahr haben wir neben dem Lastmanagement auch unsere eichrechtskonforme Ladesäule Parkplatz 3 gelauncht. So können wir unsere Lösungen auch im öffentlichen Betrieb anbieten. Des Weiteren bieten wir neuerdings auch Wartungspakete für Großkunden an, sowie über unseren Partner inno2grid Backend-Pakete für den Ladesäulenbetrieb.

ElektroWirtschaft: Welche Rolle spielen der Elektrogroßhandel und das Elektrofachhandwerk bei der weiteren Verbreitung der Elektromobilität?

Konstantin Elstermann: Der Elektrofachgroßhandel und das Elektrofachhandwerk spielen eine Schlüsselrolle für die Verbreitung der E-Mobilität im Markt. Schließlich ist das E-Handwerk die einzige Kompetenz, die die Ladeinfrastrukturlösungen sicher und regelkonform installieren darf. Deswegen sehe ich hier auch immenses Potential, speziell auch in Bezug auf die vielen anderen Markteilnehmer (z.B. Automobilhersteller), die in dem Markt unterwegs sind. Die erfolgreiche Mobilitäts-Transformation in Richtung E-Mobilität läuft nur im Zusammenspiel von Elektrogroßhandel, Elektrofachhandwerk und den Herstellern der Infrastrukturlösungen.

ElektroWirtschaft: Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Bereich E-Mobility entwickeln? Wie wird der E-Mobility-Markt im Jahr 2030 aussehen?

Konstantin Elstermann: Das Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte zu installieren. Alleine hier besteht enormes Potential für den Elektrogroßhandel und das Fachhandwerk – und dabei sind die privaten Ladepunkte noch nicht berücksichtigt. Ich bin überzeugt davon, dass sich die E-Mobilität in vielen Bereichen (z.B. als zweites Familienauto, Pendler, Taxen, usw.) durchsetzen und zu einem neuen Standard wird.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Oktober-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.

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