Wirtschaftskrise und Bewerberschwäche prägen den Ausbildungsmarkt

Die Unternehmen wollen ausbilden, stehen dabei aber vor vielfältigen Herausforderungen. Die wirtschaftliche Lage einerseits und der Mangel an geeigneten Bewerbern andererseits setzen den Ausbildungsmarkt von zwei Seiten unter Druck – das geht aus der Ausbildungsumfrage 2025 der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor.

Die Erhebung, die auf 15.000 Unternehmensantworten aus allen IHK-Branchen und Regionen beruht, macht klar: Die Rezession kommt nach dem Arbeitsmarkt jetzt auch auf dem Ausbildungsmarkt an. Im drohenden dritten Jahr ohne Wirtschaftswachstum fehlt manchen Unternehmen auch beim Thema Ausbildung die erforderliche wirtschaftliche Perspektive. Gleichzeitig suchen weiterhin viele Betriebe vergeblich nach geeigneten Bewerbern.

Fachkräftebestand von morgen in Gefahr

Laut DIHK-Umfrage planen mehr als ein Viertel der Unternehmen, ihre Ausbildungsplätze 2025 zu reduzieren. Bei den Betrieben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten liegt die Zahl noch höher – vier von zehn verringern ihr Ausbildungsangebot. Dabei stecken die Betriebe in einem Dilemma: Weniger Ausbildung heute gefährdet den Fachkräftebedarf von morgen. 

Die Rückmeldungen zeigen zugleich, dass für eine große Zahl der Betriebe die Suche nach geeigneten Bewerbern nach wie vor das Kernproblem ist. Insgesamt geben drei von vier Betrieben mit Besetzungsschwierigkeiten an, im vergangenen Jahr keine geeigneten Kandidaten gefunden zu haben. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen erhalten weiterhin häufig gar keine Bewerbungen.  

Neuausrichtung der Bildungspolitik notwendig  

Neben fehlenden Bewerbungen sind vor allem Defizite in der grundlegenden Leistungsfähigkeit sowie im Arbeits- und Sozialverhalten der jungen Menschen der Grund für die Besetzungsschwierigkeiten. Mit Blick auf die Belastbarkeit stellen sogar mehr als die Hälfte der Betriebe Schwächen fest. “Es mangelt an Basiskenntnissen und Kompetenzen, die praktisch für jeden Ausbildungsberuf nötig sind: Zuverlässigkeit, Lernbereitschaft, Einsatzwille und Lesen, Schreiben, Rechnen. Wer das nicht mitbringt, wird es im Berufsleben insgesamt schwer haben – umso mehr zu Beginn”, kommentiert der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks die Ergebnisse der Umfrage. “Wir brauchen in den Schulen wieder einen Fokus auf die grundlegenden Fähigkeiten.”

Die Erhebung zeigt, wie wichtig es ist, dass Schulen und Bildungspolitiker die gesamte Berufswelt im Blick haben. Es gibt einen großen Mangel an MINT-Berufen, aber alle Professionen sind gefragt. Der langjährige Trend Richtung Studium führt jetzt mit dem Renteneintritt der Babyboomer zu schmerzhaften Engpässen bei vielen Ausbildungsberufen. “80 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren haben keinen Studienabschluss”, erinnert Achim Dercks. “Der Maschinenbau braucht beispielsweise nicht nur den Ingenieur, sondern auch den Maschinen- und Anlagenführer, um Autoteile oder Druckmaschinen herzustellen. Die duale Berufsausbildung ist nach wie vor zentrale Säule der Fachkräftesicherung.” 

Berufsschulen stärken

Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Berufsschulen – die Ausbildungsbetriebe wünschen sich, diese deutlich zu stärken. Der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer fordert daher: “Die Bundesregierung muss darauf reagieren und in ihren Programmen die Berufsschulen ausreichend berücksichtigen.” Bei den Lehrinhalten gilt für die meisten Unternehmen “Back to the Basics”: Am wichtigsten ist ihnen ein praxisnahes Lernen an den Berufsschulen, rund 85 Prozent finden das “wichtig” bis “sehr wichtig”. Wert legen viele Firmen auch auf eine bessere Zusammenarbeit von Schule und Betrieb (67 Prozent) sowie eine angemessene personelle Ausstattung und gute technische Infrastruktur der Berufsschulen (68 Prozent). 

Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer (57 Prozent) sehen in Auszubildenden aus Ländern jenseits der EU eine Chance für die eigene Fachkräftesicherung. Das betrifft sowohl Geflüchtete als auch Zuwanderer, die für die Ausbildung nach Deutschland gekommen sind. Jeder dritte Betrieb hat bereits versucht, Interessenten aus Drittstaaten auszubilden. Zukünftig kann sich das laut Umfrage noch ein weiteres Viertel der Unternehmen vorstellen. Doch dabei sind nach wie vor auch hausgemachte Hürden zu überwinden. “Ein großes Hindernis für die Ausbildung von jungen Menschen aus diesen Ländern ist neben Sprachbarrieren und Bürokratie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum”, berichtet Achim Dercks. “Der betrifft auch viele inländische Azubis.”

Bundesregierung muss Rahmenbedingungen angehen 

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie dringend der Handlungsbedarf ist. “Die Unternehmen wollen ausbilden. Aber sie brauchen positive Impulse seitens der Politik, um das auch tun zu können. Die wirtschaftliche Lage, aber vor allem die Schulen müssen besser werden, damit die Wirtschaft im Anschluss die Fachkräfte ausbilden kann, die sie so dringend braucht”, mahnt Dercks. “Um dem Ausbildungsmarkt wieder den nötigen Schwung zu geben, brauchen wir eine gute Wirtschafts- und eine gute Bildungspolitik.”  Die Wirtschaft müsse sich darauf verlassen können, dass die angehenden Azubis aus den allgemeinbildenden Schulen das notwendige Rüstzeug mitbekommen.

Grafik: DIHK
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