Das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland ist auch zum Ende des ersten Quartals 2024 stark geschrumpft. Das zeigen die von S&P Global im März erfassten Umfrageergebnisse zum HCOB Einkaufsmanagerindex (EMI). Der EMI verlor zum zweiten Mal in Folge an Boden und sackte noch tiefer in die Schrumpfungszone ab. Mit 41,9 Punkten nach 42,5 im Februar notierte er auf dem tiefsten Stand seit fünf Monaten.
Deutliche Rückgänge bei Beschäftigung und Vormateriallagern drückten den Hauptindex, teilte S&P Global mit. Danach ging der stärkste Abwärtsdruck allerdings von der deutlichen Verkürzung der Lieferzeiten aus, da die implizierte Annahme niedriger Auslastungen den EMI negativ beeinflusst.
Laut EMI-Befragten stören die Zwischenfälle im Roten Meer die Materialversorgung immer weniger, während gleichzeitig viele Zulieferer freie Kapazitäten melden. Das Absacken des EMI verschleierte indes, dass Auftragseingänge und Produktion weniger stark zurückgingen. Nichtsdestotrotz fielen die jüngsten Einbußen angesichts der anhaltend schleppenden Nachfrage im In- und Ausland kräftig aus. Vor allem die Exportumsätze gingen erneut deutlich zurück, wenngleich sich die Rate auf den geringsten Wert seit elf Monaten abschwächte.
„Der Negativtrend in der Industrie hält an. Auch die März-Daten des EMI deuten angesichts fortbestehender Risikofaktoren nicht darauf hin, dass sich die Nachfrageflaute spürbar belebt und die Produktion schnell wieder anspringt“, betonte BME-Bundeshauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov.
„Der EMI macht schon wieder schlapp. Der sich weltweit erholende Industriezyklus scheint nicht in Deutschland anzukommen“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Managing Director und Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Offensichtlich seien die strukturellen Faktoren so schlecht, dass die externen konjunkturellen Impulse überlagert würden. „Es wird allerhöchste Zeit für stabile politische Rahmenbedingungen und eine Angebotspolitik. Ansonsten verliert Deutschland noch mehr an Wettbewerbsfähigkeit und eine Abwärtsspirale wäre kaum noch zu stoppen“, fügte Frau Traud in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Trotz der in Deutschland nach wie vor nüchternen Stimmung, könnte die Konjunktur in Bewegung kommen: Zinssenkungen hierzulande lassen Industrie und Bauwirtschaft auf mehr Investitionen hoffen. Zinssenkungen bei den Handelspartnern hellen die Exportperspektiven auf. All das weckt die Hoffnung, dass das konjunkturelle Hauptproblem der Unternehmen – der Nachfragemangel – abklingt. Doch auf dem Weg zu mehr konjunktureller Dynamik benötigt man Geduld, eine messbare Belebung der Konjunktur ist erst im zweiten Halbjahr zu erwarten“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, dem BME.
„Die industrielle Schwächephase im Winter setzt sich auch im Frühjahr fort. Nachfrageflaute und strukturelle Sorgen wie hohe Kosten für Energie, Finanzierung aber auch Personal, bürokratische Lasten und Fachkräftemangel verhindern bisher einen Aufschwung. Die Stimmung in den Betrieben ist noch immer getrübt“, teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen dem BME mit. Jedoch nährten seiner Einschätzung nach sinkende Preise für Energie und Vorleistungen, insgesamt rückläufige Inflationsraten und die Aussicht auf eine anziehende Weltwirtschaft auch hierzulande die leise Hoffnung auf eine konjunkturelle Belebung. Die Lage bleibe aber insgesamt sehr ungewiss.
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dennis Rheinsberg, Direktor – Energy & Industrials der IKB Deutsche Industriebank AG, dem BME folgende Einschätzung: „Bei den börsennotierten Industriemetallen waren im Monatsmittel März 2024 nur vereinzelt leichte Preisaufschläge zu verzeichnen. Die Rohölnotierungen zogen im Zuge der Verlängerung der Förderkürzungen durch die OPEC bis zur Jahresmitte und der Spannungen im Nahen Osten im Monatsmittel ebenfalls nur moderat an. Insofern überrascht die Entwicklung der Einkaufspreise nicht. Zeitpunkt und Umfang der für die zweite Jahreshälfte erwarteten zyklischen, konjunkturellen Belebung sind noch zu vage, sodass kurzfristig kaum mit signifikantem Aufwärtspotenzial bei den Einkaufspreisen zu rechnen ist.“