Studium oder Ausbildung – so wählen Jugendliche aktuell

Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung ist eine entscheidende Weichenstellung. Wie gut Jugendlichen dieser Übergang gelingt, hat für jeden Einzelnen unmittelbare Auswirkungen auf die weiteren Erwerbs- und Karrierechancen und beeinflusst auch das private Leben in vielfältiger Weise. Der Ländermonitor berufliche Bildung (Bertelsmann Stiftung) untersucht den Übergang von der Schule in die Ausbildung anhand der Anfänger in den drei Sektoren der beruflichen Bildung – duales System, Schulberufssystem und Übergangsektor. Das duale System ist die klassische duale Ausbildung in Berufsschule und Betrieb. Im Schulberufssystem werden vor allem Berufe des Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialwesens erlernt. Wem der Einstieg in Ausbildung nicht gelingt, der besucht in der Regel zunächst einen der berufsvorbereitenden Bildungsgänge im Übergangssektor.

Je mehr Jugendliche in den Übergangssektor wechseln und keine Ausbildung im dualen System oder im Schulberufssystem aufnehmen können, desto schlechter sind ihre Aubsildungschancen.

Das duale System ist nach wie vor in allen Bundesländern der quantitativ größte Ausbildungsbereich, hat aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten sowohl in absoluten Zahlen als auch anteilig kontinuierlich an Bedeutung verloren. Von allen Neuzugängen des Jahres 2015 in die drei Sektoren der beruflichen Bildung haben in Hamburg 60 Prozent eine betriebliche Ausbildung begonnen. In acht Ländern hingegen fängt inzwischen weniger als jeder zweite Neuzugang eine Ausbildung in einem Betrieb an. 

Die Ausbildungen im Schulberufssystem haben dagegen anteilig an Bedeutung gewonnen. 2015 begannen bundesweit 21,9 Prozent der Neuzugänge eine vollzeitschulische Ausbildung. 2007 waren es nur 18,3 Prozent. Auffällig ist die Spitzenposition der ostdeutschen Länder mit Anteilen zwischen 28 und 32 Prozent. In den westdeutschen Flächenländern münden demgegenüber nur 17 bis 25 Prozent der Neuzugänge ins Schulberufssystem.

Schlechtere Chancen für ausländische Jugendliche

Bundesweit sind Jugendliche ohne deutschen Pass bei der Suche nach einer vollqualifizierenden Ausbildung im Nachteil und nehmen doppelt so oft eine Maßnahme im Übergangssektor auf wie deutsche Jugendliche. Im Vergleich zu ihren deutschen Altersgenossen ist der Nachteil für ausländische Jugendliche besonders ausgeprägt, wenn sie maximal über einen Hauptschulabschluss verfügen. Mit höheren Schulabschlüssen gleichen sich die Ausbildungschancen an die der deutschen Jugendlichen an. Zwischen den Bundesländern unterscheidet sich das Chancengefälle erheblich. Besonders groß sind die Nachteile der Ausländer in Bayern, Schleswig-Holstein und Sachsen.

Männer gehen häufiger ins Übergangssystem als Frauen

In allen Bundesländern gelingt es Männern seltener als Frauen, eine vollqualifizierende Ausbildung aufzunehmen. Der Anteil der Männer im Übergangssystem liegt zwischen 5 (Rheinland-Pfalz) und 15 Prozentpunkte (Bayern) höher als der der Frauen. Im Vergleich zu 2007 beginnen sowohl Männer als auch Frauen fast in allen Bundesländern seltener im Übergangssektor, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern haben sich jedoch vergrößert. Von der verbesserten Lage auf dem Ausbildungsmarkt profitieren Frauen offensichtlich stärker als Männer.

Mit der Verstärkung der Chancenungleichheit zwischen ausländischen und deutschen Jugendlichen sowie zwischen den Geschlechtern droht eine alte Problemkonstellation an Brisanz zu gewinnen: die Perspektivlosigkeit junger ausländischer Männer. In den vergangenen Jahren hatte sich der Abstand zwischen Ausländern und Deutschen sowie zwischen Männern und Frauen eher verringert. Die nunmehr zu beobachtende Trendumkehr könnte sich beschleunigen, wenn die schutz- und asylsuchenden (zu 75 Prozent männlichen) Jugendlichen um Ausbildungsplätze nachfragen, da deren Integration in den Ausbildungsmarkt als besonders schwierig gilt.

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