„Wir stehen nicht mehr am Anfang“

Die Relevanz von BIM (Building Information Modelling) ist in der Bau-/Bauzuliefererindustrie angekommen. Das zeigte allein die Teilnahme von rund 80 Entscheidern aus der Branche am Online-Seminar „BIM: Strategische und operative Anwendung“, welches die ElektroWirtschaft in Kooperation mit BIMobject Deutschland, Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) und BIM Anwender Albrecht JUNG veranstaltete. Im Anschluss an das Event hat die ElektroWirtschaft bei Florian Kaiser, W&P Partner und Leiter Bauzulieferindustrie, an entscheidenden Punkten noch mal nachgefragt:

ElektroWirtschaft: Wo stehen wir mit dem Thema BIM?

Florian Kaiser: Definitiv nicht mehr am Anfang! Ohne eine fundierte BIM-Strategie, die den Zielgruppen konkreten Nutzen stiftet, ist mittelfristig keiner der Branchenplayer zukunftsfähig aufgestellt. Derzeit können sich Hersteller und Handel damit noch differenzieren und einen Wettbewerbsvorsprung nutzen – in zwei, drei Jahren ist diese Chance vertan.

ElektroWirtschaft: Die Stadt Dortmund erteilt die erste BIMbasierte Baugenehmigung Deutschlands. Ist das eine Ausnahme oder glauben Sie, dass das zur Regel wird?

Florian Kaiser: Auch wenn hier die Trägheit der Baubranche auf die Trägheit der Ämter trifft – das wird mittelfristig definitiv zur Regel! Selbst wenn nicht das vollständige BIM-Modell Beachtung fi ndet, dann wird es doch digital und dadurch effi zienter werden. Es ist doch ein Anachronismus, immer noch jeden Plan im Original in zigfacher Ausführung abzugeben, um ihn dann nach Monaten mit Dutzenden Stempeln zurück zu bekommen.

ElektroWirtschaft: Wie verändert sich durch BIM der dreistufige Vertriebsweg? Welche Bedeutung nimmt der Elektrogroßhandel ein? Wird er zu einem „Just-in-time-Logistikdienstleister“ degradiert?

Florian Kaiser: Im Online-Seminar habe ich ein Beispiel gezeigt, bei dem bereits heute der Bedarfsträger direkt mit dem Hersteller verhandelt und die komplette Supply Chain digital steuert. Der Handel sollte sich in Klausur begeben und ein zukunftsfähiges Wertschöpfungsangebot erarbeiten. Dies kann darin bestehen, die Supply Chain übergreifend, inklusive Konfektion von Modulen, präzise auf die Baustelle just-in-time zu takten. Meiner Meinung nach geht das nur offensiv! Die gegenseitigen Treueschwüre zwischen Handel und Herstellern und das Commitment zur Dreistufigkeit sind nicht zukunftsfähig.

ElektroWirtschaft: Warum wird BIM im Privaten bisher wenig umgesetzt?

Florian Kaiser: Das Segment der privaten Bauherren, die mit Architekten bauen, also nicht über Bauträger, ist bekanntlich sehr klein. Ich spreche mit vielen privaten Bauherren: Überraschend viele von ihnen haben schon von BIM gehört, sind von den Vorteilen überzeugt und hätten gerne eine Wertschöpfungskette, welche die Vorteile von BIM bietet und realisiert. In der professionellen Objektentwicklung ist BIM und die Digitalisierung der Wertschöpfungskette und Supply Chain schon weiter als viele denken. Hier kann BIM sein volles Potential hin zu Bauherren und zur Ausführung ausspielen – vorausgesetzt alle Beteiligten nutzen BIM. Doch gerade diese Kreise pflegen ihre Netzwerke und lassen nur die Spieler rein, die BIM bereits heute aktiv anwenden.

ElektroWirtschaft: BIM soll „zum updatefähigen“ Gebäude führen. Wird KNX die Grundplattform sein?

Florian Kaiser: BIM und damit verbunden eine gute Dokumentation „as built“, erleichtert es natürlich einzelne Elemente der GTA nach einigen Jahren der Nutzung gezielt und effi zient auszutauschen und nicht im Nebel zu stochern. KNX ist bezüglich des Bus-Systems ja immer noch „Gold-Standard“ – eine Alternative ist noch nicht in Sicht.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der April-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.

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