Von A wie Alarm bis Z wie Zutritt

Schon mal eine halbe Stunde vorher auf der Autobahn via App den elektrischen Kamin anheizen, die Gartenbeleuchtung einschalten und die Fensterrollläden hoch oder runterfahren lassen: Intelligenter und effi zienter Gebäudeautomation gehört die Zukunft. Dessen sind sich Grothe-Geschäftsführer Andreas Rosen und Vertriebsleiter Frank Dahl sicher. Ein Gespräch über die Folgen der Corona-Krise, den Zusammenschluss mit der italienischen Urmet Group und weitere Unternehmenspläne.

ElektroWirtschaft: 1892 bewies August Grothe Pioniergeist und gründete in Köln das Familienunternehmen, während das „elektrische Zeitalter“ noch in den Kinderschuhen steckte. Welche Werte prägen das Unternehmen?

Frank Dahl: Die Grothe GmbH stellt sich auch innerhalb der Urmet Group SPA als Familienunternehmen auf, das sich durch Zuverlässigkeit und Beständigkeit auszeichnet. Diese Werte leben wir unseren Mitarbeitern und Kunden gegenüber. Dies gilt insbesondere für den Elektrogroßhandel. Ein persönlicher und zeitnaher Service ist uns seit jeher besonders wichtig. Das betrifft die Komponenten Planung, Realisierung und kontinuierliche Begleitung gleichermaßen. Auch die Urmet Group ist ein Familienunternehmen. Daher verbinden beide Unternehmen die gleichen Werte.

ElektroWirtschaft: 2001 übernahm Urmet Group ihr Unternehmen. Was war der Hintergrund für den Zusammenschluss, und was bedeutet das für den deutschen Markt?

Frank Dahl: Die italienische Urmet Group ist ein weltweit agierendes und international bedeutendes Unternehmen für Hauskommunikation und -sicherheitssysteme. Mit dem Zusammenschluss konnte Urmet seine Marke in Deutschland bekannter machen und die Aktivitäten auf dem hiesigen Markt verstärken. Zugleich haben wir mit der Fusion unser Know-how innerhalb der Unternehmensgruppe gebündelt und die Produktpalette von Grothe umfassend erweitert. Für beide Unternehmen ergaben sich wertvolle Synergieeffekte.

ElektroWirtschaft: Wie hat sich Ihr Produktportfolio seither verändert?

Andreas Rosen: Es hat sich umfassend erweitert – von der klassischen Türklingel und Signalisation der Marke Grothe zur modernen Gebäudetechnik. Damit bietet Grothe gemeinsam mit Urmet die gesamte Produktpalette an, die heutzutage intelligente Gebäudetechnik von A bis Z ausmacht. Dazu gehören Sprechanlagen, Sicherheitstechnik wie Videoüberwachung, Alarmsysteme und Zutrittskontrolle und Smart Home-Technologien.

ElektroWirtschaft: Herr Rosen, Sie sind seit 15 Jahren Geschäftsführer. Wie hat sich die Gebäudetechnik in dieser Zeit entwickelt?

Andreas Rosen: Es hat sich enorm viel getan. Die Entwicklung der Übertragungstechnologie (Funk, Bus und IP) und die wachsenden Möglichkeiten durch die Anwendungen über Mobiltelefone sind zwei wesentlichen Strömungen. Modernes Gebäudemanagement muss einfach und mobil steuerbar sein, die gesamte Überwachung zentralisiert erfolgen. Der Fokus liegt auf der Einfachheit der Installation, Systemeinstellung und Anwendung durch den Endkunden.

ElektroWirtschaft: Was sind übergeordnete Trends, die die Branche und damit das Unternehmen prägen werden?

Andreas Rosen: Das Schlagwort der Zukunft heißt „Home Automation“ (Gebäudeautomation). Dieser Bereich wird sich in den kommenden Jahren signifi kant weiterentwickeln. Damit machen wir es dann möglich, über eine einzige App sämtliche Abläufe innerhalb der Gebäudetechnik miteinander zu verknüpfen, diese zentral oder von jedem beliebigen Ort aus zu steuern. Licht, Heizung, Sprechanlagen oder das Schließen der Rollläden per Smartphone – alles kann integriert werden. Das ist ein sehr komplexer Prozess und eine große Herausforderung. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass wir eine überzeugende Systemlösung liefern. ElektroWirtschaft: Wie gehen Sie mit dem sensiblen Thema Datenschutz um? Andreas Rosen: Datenschutz und Datensicherheit werden bei uns sehr großgeschrieben, und wir erfüllen diese Aufgabe äußerst verantwortungsbewusst. Innerhalb der Urmet Group bedienen wir uns von Serviceprovidern in unterschiedlichen Ländern (hauptsächlich Europa). Wir haben darauf jederzeit Zugriff, die Daten werden nach höchsten Sicherheitsstandards gespeichert.

ElektroWirtschaft: Herr Dahl, Sie sind seit diesem Jahr Vertriebsleiter. Wie möchten Sie den Vertrieb aufstellen? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Frank Dahl: In den ersten Monaten meiner Tätigkeit hatte ich die Gelegenheit, ein Konzept für die vertriebliche Aufstellung der Grothe GmbH zu erstellen. Ein kräftiges Umsatzwachstum soll durch den Ausbau der Außendienstmannschaft erreicht werden. Dies soll zum einen den Servicegrad erhöhen. Wir legen viel Wert auf die persönliche Betreuung der Projekte von der ersten Begehung bis zur Realisierung bzw. Fertigstellung. Unsere Dienstleistung wird seit vielen Jahren von unseren Kunden geschätzt und genutzt. Zum anderen entwickeln wir verstärkt digitale Konzepte wie Online-Trainings, E-Learning, Newsletter, Erklärvideos, und Produkt-Konfiguratoren. Unsere Produktsortimente sind erklärungsbedürftig und wir möchten die Anwendung, Installation und die Wartung für unsere Kunden und Anwender so einfach wie möglich gestalten.

ElektroWirtschaft: Haben Sie noch weitere Pläne?

Frank Dahl: Wir setzen ganz klar auf verstärkte Präsenz im Elektrogroßhandel. Gleichzeitig möchten wir umfassende Schulungs- und Informationskonzepte entwickeln, um unsere Produktsortimente noch praxisorientierter und persönlicher anbieten zu können. Helfen soll dabei ein neuer Showroom am Standort Hennef sowie individuell entwickelte Schulungen und Seminare für EGH-Mitarbeiter und Installateure. Wir entwickeln dafür ein individuelles Marketing abgestimmt auf die relevanten Zielgruppen unserer Produktsortimente. Darüber hinaus nutzen wir bereits jetzt unterschiedliche Social Media-Kanäle wie YouTube, Facebook oder LinkedIn. Diese Aktivitäten werden wir ebenfalls verstärken.

ElektroWirtschaft: Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu. Mit den aktuellen Entwicklungen hat niemand gerechnet. Wie haben Sie dieses Jahr erlebt?

Andreas Rosen: Sicherlich war zu Beginn der Corona-Krise die gesamte Branche – auch Grothe – von einer großen Unsicherheit geprägt, mit nicht vorhersehbaren Auswirkungen auf unsere Kunden, Lieferanten sowie auf die eigene Unternehmensentwicklung, um nur drei Beispiele zu nennen. Jedoch haben wir frühzeitig damit begonnen, die Lagerbestände zu erhöhen, um lieferfähig zu bleiben. Zu Anfang mit hohem Risiko verbunden, jedoch haben wir Monat für Monat an Sicherheit gewonnen, so dass wir 2020 mit einem Umsatzplus beenden werden. Auch die gesamte Elektrobranche hat sich bisher in der Pandemie weitestgehend gut gehalten. Was sich letztendlich auch positiv auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt hat.

ElektroWirtschaft: Mit Präsenzmessen sah und sieht es aktuell eher schlecht aus. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?

Andreas Rosen: Es herrscht nach wie vor allgemein Unsicherheit, ob eine Messe zum anberaumten Zeitpunkt tatsächlich stattfindet oder nicht. Das ist natürlich bedauerlich, weil Messen wichtige Plattformen für den persönlichen Kontakt und Austausch sind. In diesem Jahr haben wir bereits an mehreren virtuellen Messen teilgenommen. Auch sie haben ihren speziellen Mehrwert. Nach unserer Einschätzung können sich virtuelle und Präsenzmessen sinnvoll ergänzen.

ElektroWirtschaft: Welche Umsätze haben Sie 2020 verzeichnet? Und wie sieht Ihre Prognose für 2021 aus?

Andreas Rosen: Wir haben 2020 einen Gesamtumsatz von 15,2 Millionen Euro inklusive Exportgeschäft erzielt. Das Auslandsgeschäft schwächelte etwas, da die Corona-Krise andere Länder noch stärker traf als Deutschland. Die Elektrobranche hat sich insgesamt bislang ganz gut gehalten. Unser Masterplan sieht für das kommende Jahr ein Wachstum im relativ hohen einstelligen Bereich vor, abhängig von Zusatzeffekten. Sollte sich dahingehend etwas ändern, steuern wir entsprechend nach.

ElektroWirtschaft: Planen Sie Investitionen? Und wenn ja welche?

Andreas Rosen: Wir werden nach unserem Fünfjahresplan Investitionen im siebenstelligen Bereich vornehmen. Projekte sind unter anderem unseren Maschinenpark sukzessive zu erweitern und modernisieren, sowie der Aufbau des neuen Showrooms. Die nötigen Mittel dafür stehen zur Verfügung. Wir investieren bedächtig und in Maßnahmen, die uns sinnvoll und zukunftsfähig erscheinen.

ElektroWirtschaft: Sie produzieren und vertreiben auch Temperaturmess-Geräte mit Gesichtserkennung, in dieser Kombination deutschlandweit einmalig. Wie läuft das Geschäft?

Frank Dahl: Das läuft sehr gut. Wir haben vor, die Geräte noch stärker über unsere Vertriebskanäle zu vermarkten. Zu potenziellen Kunden gehören unter anderem öffentliche Einrichtungen und die Industrie. Mit den Produkten leisten wir über die Corona-Krise hinaus wertvolle Unterstützung bei den Themen Gesundheitsschutz und Sicherheit. Insofern haben sie auch mittel- bis langfristig einen systemrelevanten Wert.

ElektroWirtschaft: Wie sieht die künftige Zusammenarbeit mit dem Elektrogroßhandel aus? Ist sie durch Corona noch intensiver geworden?

Frank Dahl: Ja, das haben wir schon festgestellt. Der Elektrogroßhandel ist ein wesentlicher Bestandteil unseres dreistufigen Vertriebskonzeptes. Wir unterstützen den Elektrogroßhandel tatkräftig dabei, das Elektrohandwerk und die Endkunden über unser gesamtes Produktportfolio umfassend zu informieren und zu beraten. Zu unseren Angeboten gehören beispielsweise digitale Messen und – soweit es wieder möglich ist – Präsenzveranstaltungen. Digitale Schulungs-Programme und Medien werden in der Zukunft, wie schon zuvor erwähnt, immer wichtiger. Nicht nur jetzt in diesen Zeiten, auch in der Zukunft. Nur so können wir uns gemeinsam gegen die mittlerweile sehr starken Online-Portale durchsetzen. Unsere eindeutigen Stärken sind individuelle Serviceleistungen, maßgeschneiderte Konzepte und eine lückenlose, konstante und umfassende Beratung.

ElektroWirtschaft: Welche Werte sind Ihrem Unternehmen wichtig? Welche Rolle spielt soziale Verantwortung?

Andreas Rosen: Wir sehen sie als unsere unternehmerische Pflicht an. Die Kooperation mit sozialen Einrichtungen und Werkstätten ermöglicht den Menschen eine Verdienstmöglichkeit und Beschäftigung. Zugleich profitieren auch wir davon. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen im partnerschaftlichen, wertschätzenden Dialog. Trotz globaler Aktivitäten sind wir immer noch ein bodenständiges Unternehmen mit regionalen Wurzeln, dass sich seiner Verantwortung durchaus bewusst ist und sie auch lebt.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Dezember-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.

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