Martin Böhm

„Wir möchten den Großen die Stirn bieten“

Die EMobility Netzwerk Deutschland GmbH (kurz EMobility Netz) ist ein Zusammenschluss von vier Elektrofachbetrieben, die sich alle bereits seit 2012 intensiv mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität beschäftigen. Im Interview mit der ElektroWirtschaft verraten die Geschäftsführer und Gründer Martin Böhm, Stefan Ehinger, Andreas Stoye und Reiner Ullmann mehr zur Arbeit des Netzwerkes.

ElektroWirtschaft: Was verbirgt sich hinter dem EMobility Netz? Wo lag die Motivation für Ihren Zusammenschluss?

EMobility Netz: Wir haben uns alle bereits im Vorfeld in unseren Betrieben umfassend mit dem Thema Ladeinfrastruktur beschäftigt. Wir vier sind überzeugte E-Mobilisten der ersten Stunde. Seit 2012 widmen wir uns dem Ausbau von Ladeinfrastruktur. Unsere eigenen Flotten haben wir bereits entsprechend ausgestattet. Wir sind alle ehrenamtlich in verschiedenen Verbänden und Gremien der Elektrobranche aktiv. Darüber haben wir uns kennengelernt und beschlossen, die Leidenschaft und Kenntnisse deutschlandweit in einem Netzwerk mit weiteren Fachbetrieben anbieten zu wollen. Das Netzwerk wurde dann offiziell am 1. November 2019 gegründet.

ElektroWirtschaft: Wie sieht Ihr Angebot aus und in welchen Anwendungsbereichen liegen Ihre Schwerpunkte?

EMobility Netz: Elektromobilität funktioniert nicht ohne den Elektriker vor Ort. Wir sind nicht in einer hochstandardisierten Branche unterwegs, auch wenn das manche gerne hätten. Die Wallbox kann man noch standardisieren, aber das Kabel dahin nicht. Einige große Player versuchen das seit geraumer Zeit, aber wenn wir ehrlich sind, sind die wenigsten davon erfolgreich. Unser Credo ist daher: Lasst es uns doch selbst machen! Wir wissen, wie man Strom dahin legt, wo er benötigt wird, das ist unser Kerngeschäft. Was wir leisten, unterschätzen viele. Für uns ist es ganz klar, wir möchten den großen Energieriesen die Stirn bieten und ihnen das Feld nicht alleine überlassen. Für die Bereiche Beratung, Planung, Installation, Inbetriebnahme, Wartung, Abrechnungsmodelle und Service bietet das Netzwerk „Wir möchten den Großen die Stirn bieten“ ein umfangreiches Service- und Dienstleistungsangebot. Das wird durch die Partnerunternehmen in Deutschland flächendeckend gewährleistet. Das Netzwerk hat als Ziel eher die Businesskunden, als eigenständige Installationsbetriebe bedienen wir aber natürlich auch weiterhin den B2C-Bereich. Als Netzwerk möchten wir unter anderem an die Flottenbetreiber, Parkhäuser und Hotels und überregional aufgestellte Unternehmen herantreten. Die wenigsten von unseren Kunden wissen, was sie für das Thema Ladeinfrastruktur brauchen – hier sind wir der 360 Grad Partner. Unser Ziel ist es, nicht nur die Ladesäulen aufzubauen, sondern auch Backend- Dienstleistungen zu erbringen, inklusive der Abrechnung, Statistik, Auswertung und Wartung. Wenn wir Wartung anbieten und dann zwei bis drei Tage brauchen, bis die Ladesäule wieder funktioniert, ist das nicht zielführend. Wir möchten regional schnell arbeiten können. Das ist das, was uns auszeichnet.

Stefan Ehinger

Andreas Stoye
Reiner Ullmann

ElektroWirtschaft: Wie sieht es mit dem Thema Lastmanagement aus?

EMobility Netz: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir mit unseren Kunden im Vorfeld besprechen, was sie eigentlich benötigen. Da geht es dann um Themen wie Zugriffsschutz, also zu definieren, wer laden darf, aber natürlich auch um das Thema Lastmanagement. Und genau da kommen wir ja auch in unsere Kernkompetenz zurück, denn wir kennen elektrische Anlagen und wissen mit ihnen umzugehen. Wir können auch Messungen machen, denn welcher Kunde weiß schon wie viel Energie er in seiner Anlage zur Verfügung hat, das können wir ermitteln. Manchmal geht es auch um eine Leistungserhöhung. Wir hatten auch schon Situationen, in denen ein Trafo gebaut werden musste und auch das können wir anbieten. Wir haben die entsprechende Manpower dazu und wir kennen die regionalen EVUs samt der Regeln vor Ort und auch das ist ein Punkt, der uns stark macht, denn daran ist der ein oder andere schon verzweifelt, weil er Anforderungen in diesem Bereich unterschätzt hat.

ElektroWirtschaft: Sie suchen ja noch weitere Partner, welche Voraussetzungen sollten diese mitbringen?

EMobility Netz: Sie sollten so ticken wie wir! Es gibt ja einige Unternehmen am Markt, die Aufträge aggregieren und dann an Elektriker vor Ort weitervergeben. Wir verstehen uns untereinander aber als gleichberechtigte Partner und von diesen suchen wir in verschiedenen Regionen von Deutschland noch weitere, die so sind wie wir. Wir möchten unser Know-how einbringen und nicht als Subunternehmer arbeiten. Verlässliche Partner sind uns wichtig, die auch unsere Philosophie zu 100 Prozent teilen.

ElektroWirtschaft: Wie beurteilen Sie die Chancen für das Elektrofachhandwerk bei der weiteren Verbreitung der Ladeinfrastruktur?

EMobility Netz: Die Autobahnen sind aufgeteilt, das machen ganz klar die Netzbetreiber. Wir sehen uns eher bei Firmen und Konzernen, die deutschlandweit agieren und Lösungen suchen, um ihre Infrastruktur aufzubauen. Wir können mit unserem Partnernetzwerk regional agieren und auch die Wartung übernehmen, damit die Ladeinfrastruktur auch gepflegt wird und dauerhaft funktionsfähig ist. Wir haben es in der Hand, wie wir diesen Markt bedienen und gestalten. Es ist eine Chance, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen! Im privaten und halböffentlichen Bereich führt am Elektrohandwerk kein Weg vorbei, das gilt auch für die Zukunft. Wichtig ist auch die Kooperation mit den Autohäusern.

ElektroWirtschaft: Welche Rolle nimmt der Elektrogroßhandel ein und welche Erwartungen haben Sie an ihn?

EMobility Netz: Wir brauchen den Elektrogroßhandel ganz dringend für die logistische Abwicklung und die finanzielle Absicherung. Wir sollten uns dabei aber nicht nur auf die Wallbox konzentrieren, sondern auch auf das Zubehör, das über den Großhandel läuft. Das Kupfer in der Erde ist teurer als die Wallbox. Unser Appell an den Großhandel: Füllt Eure Lager mit eichrechtskonformen Ladestationen. Da benötigen wir kurzfristige Verfügbarkeiten. Im Rahmen der Zusammenarbeit erwarten wir, dass der Großhandel sich aus unserem Kompetenzbereich raus hält. Die Endkundenansprache liegt ganz klar bei uns.

ElektroWirtschaft: Wie viele Ladepunkte haben Sie deutschlandweit bereits installiert?

EMobility Netz: Gemeinsam haben wir die Erfahrung aus über 4.300 Ladepunkten. Als EMobility Netzwerk sind wir ja noch recht neu am Markt. Wenn wir den Kreis der weiteren Partner hinzunehmen, kommen wir auch schnell auf fast 6.000 Ladepunkte quer durch alle Anwendungsgebiete – von der Wallbox in der Garage bis hin zu größeren Ladeparks. Dazu gehören auch DC-Anlagen. Das Schöne am Know-how Transfer ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen und auf die Expertise der anderen bauen können.

ElektroWirtschaft: Welche Projekte wurden bereits umgesetzt oder stehen aktuell in der Pipeline?

EMobility Netz: Unsere Arbeit ist sehr beratungsintensiv, vom Erstkontakt bis zur Installation vergeht einige Zeit. Wir haben ein deutschlandweites Hotelprojekt, für das schon Installationen umgesetzt wurden und weitere anstehen. Und weitere Projekte mit einem Parkhausbetreiber und einem Bauunternehmen. Wir sind für den Anfang gut aufgestellt und liegen im Soll der Planungen für 2020 – trotz Corona. Wir haben neue und andere Ansprechpartner als bisher. Da haben normalerweise mit dem Facilitymanager eines Gebäudes zu tun, nicht mit dem Fuhrparkverantwortlichen einer Firma. Das ändert sich jetzt und da werden andere Fragen gestellt und wir kommen mit anderen Gewerken, anderen Menschen und Aufgabenstellungen in Kontakt.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Oktober-Ausgabe der ElektroWirtschaft. Als Printabonnent haben Sie fünf Zugriffe auf die digitale Ausgabe inklusive. Stöbern Sie ansonsten in unserem Shop.

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